Auf der Internetseite der Stadt Köln ist nun die Dienstleistungskonzession 2011/2899/3 einzusehen. Gegenstand ist die Vergabe eines „Letter of Support“, den der zukünftige Betreiber der Top Level Domains .koeln und .cologne benötigt, um bei der ICANN eine Zulassung zu bekommen. Damit ist das Verfahren für die Kölner Bewerber in die heiße Phase eingetreten. Bis zum 28. November haben diese Zeit, ihre Unterlagen einzureichen; bis zum 14. November die dafür benötigten Unterlagen zu bekommen.
Um was geht es?
Ihr kennt sie alle und benutzt sie jeden Tag: Die Top Level Domains. Das sind die lustigen kleinen Endungen an jeder Internetadresse wie zum Beispiel .de, .com oder .org.
Verwaltet werden diese von der kalifornischen Non-Profit-Corporation ICANN. Diese hat nach langjährigen Verhandlungen endlich beschlossen, weitere TLDs zuzulassen. Für den Betrieb einer städtischen TLD benötigt eine Betreiberfirme einen sogenannten „Letter of Support“ (LoS) der Stadt. Bis zum 14. April 2012 muss die Betreiberfirma sich mit dem und vielen weiteren Unterlagen bei der ICANN bewerben. Eine Bewerbung ohne diesen Brief ist wenig erfolgversprechend. Das macht klar welche Position eine Stadt bei der Vergabe dieses LoS hat. Sie hält praktisch alle Zügel in der Hand und sucht sich den besten Bewerber raus.
Ratsbeschluss 0123/2011
Den Start des Verfahrens markiert der Ratsbeschluss vom 1.März 2011. Beschlossen wird die Unterstützung einer „.koeln“ Domain in Punkt eins. Punkt zwei beauftragt die Verwaltung ein Verfahren einzuleiten, um einen Bewerber herauszusuchen, der mit dem LoS sich um „.koeln“ bewerben soll. Punkt drei beauftragt die Verwaltung regelmäßig darüber zu berichten. Es fällt auf: Es geht um „.koeln“ – sonst nichts.
Aus eins mach zwei!
Jetzt liegt also die aktuelle Diemstleistungskonzession vor, die den Startschuss für eventuelle Betreiber gibt. Auffällig ist, das aus einer Domain plötzlich zwei geworden sind, nämlich .koeln und .cologne. So trägt der Entwurf zum Vertrag im Titel bereits beide TLds. Interessanterweise wird unter I §2 der Begriff „.koeln Top Level Domain“ so erklärt: „bezeichnet die Top Level Domains ‚.koeln‘ und ‚.cologne‘ sofern sich aus dem Kontext nichts anderes ergibt.“ Hier stellt sich die Frage, wann genau die zweite Domain hinzugekommen ist und inwiefern .koeln sowohl .koeln als auch .cologne sein soll.
Auf die Größe kommt es an
Der Kölner darf sich also nicht nur auf eine, nein gleich zwei Köln Domains freuen. Darf er das wirklich? Es stellt sich doch die Frage, welchen Zweck die Stadt damit verfolgt und ob es überhaupt einen Sinn macht. Immerhin sind mit der Registrierung einer TLd erhebliche Kosten verbunden: pro TLD 185.000 USD (plus weitere Kosten für den Betrieb, etwa 25.000 USD flat), die an die ICANN überwiesen werden müssen. Auch wenn Köln sich selbst Internethauptstadt nennt: Sie ist weit davon entfernt, besonders im Vergleich nationaler Metropolen wie Berlin oder Hamburg. Zweifelhaft also ob ein Unternehmen mit zwei TLDs überhaupt rentabel arbeiten kann. Noch Zweifelhafter, ob kleinere Unternehmen dazu überhaupt in der Lage sind.
Klein und Chancenlos
Der Verdacht erhärtet sich, dass es bei dem Verfahren um die Vergabe des LoS auch darum geht, kleinere Mitbewerber auszugrenzen. Nicht zuletzt wenn man sich einmal die Zuschlagskriterien mit Bewertungsmatrix anschaut. Laut der Matrix entfallen alleine 30 der zu vergebenden 100 Punkte auf die Bewerbung auf beide Domains und null Punkte auf die Bewerbung einer Domain. Darauf wird extra hingewiesen. Damit wird es kleinen Bewerbern praktisch unmöglich gemacht sich ernsthaft zu bewerben.
David gegen Goliath
Verfahrenstechnisch ist fragwürdig, ob die Verwaltung sich überhaupt mit der zweiten Endung .cologne hätte beschäftigen dürfen und ob es dazu nicht erst eines erneuten Ratsbeschlusses bedarf. Die Bewertungsmatrix grenzt zudem ganz klar kleinere Bewerber aus. Auch hier ist nach der Sinnhaftigkeit dieser Regelung zu fragen und ggf. eine Änderung zu erwirken.
Zwei Firmen haben sich mittlerweile um die Kölner Domains beworben: Auf der einen Seite steht netcologne, die der Stadt selbst gehört und bereits koeln.de betreiben. Auf der anderen Seite steht eine privatwirtschaftlich finanzierte Initiative, die unter dem Namen dotKöln Top-Level-Domain GmbH firmiert. Seit 2009 hat diese Initiative unter der Leitung von Thomas Lenz versucht der Stadt die City-Top Level Domain schmackhaft zu machen. Jetzt muss sie zusehen, wie aufgrund bestimmter Verfahren ihre bisherigen Mühen zu Nichte gemacht werden.
Auch netcologne sollte größtes Interesse daran haben, mit Hilfe eines ordentlichen und ordnungsgemäßen Verfahrens an den LoS zu kommen. Die Aufgabe des Rates ist es nun die Verdachtsmomente auszuräumen und für ein transparentes und glaubwürdiges Verfahren zu sorgen.
Sollte das momentane Bewerbungsverfahren weitergeführt werden ist eine Entscheidung Anfang Januar 2012 zu erwarten.
Dienstleistungskonzession – 2011/2899/3
Anmerkung des Redakteurs: Die Kosten pro TLD wurden von vorher 180.000 Euro auf 185.000 USD korrigiert.
In der Zwischenzeit reagierte auch die Welt Online kompakt mit folgender News:
.koeln kommt auf den Markt
Interessant. Höre zum ersten mal von der Sache. Kannst Du vielleicht auch noch erklären, was der erfolgreiche Bewerber um die TLDs dann damit machen wird bzw. darf. Wird dann jeder, der mag, bei diesem Unternehmen Domains mit den diesen Endungen erweben können? Oder werden die TLDs anschließend nur für offizielle Websites der Stadt verwendet?
Hallo Christoph,
ja es geht ja darum Geld zu verdienen, also ähnlich wie bei .de können Domains erworben werden.
Die Stadt behält sich natürlich die Domains vor, die sie selbst für die Verwaltung gebrauchen könnte. Ebenso muss der zukünftige Betreiber gemeinnützigen Gesellschaften, dem Roten Kreuz etwa, die entsprechenden Domains zuerst anbieten.
Erst dann dürfen die „normalen“ User, Firmen und Privatleute auf .koeln losgelassen werden.
Gruß DB
@christophbr
Der Betreiber der Top-Level-Domains .koeln und .cologne wird so etwas wie die „kölsche“ DENIC, also die zentrale Registrierungsstelle für alle Second-Level Domains in diesen Namensräumen. Diese sogenannten „Registries“ sind für die Verfügbarkeit und die grundsätzliche technische Funktionalität der Domains verantwortlich.
Neben dem erwähnten Aspekt des Geldvedienens gibt es weitere wesentliche Gesichtspunkte. Wir bei dotKöln möchten einen qualitativ hochwertigen und sicheren Namensraum schaffen, der die Onlinemarke „Köln“ nachhaltig stärkt, das strategische Ziel der Stadt, als „Internetstadt“ bekannt zu werden, unterstützt und allen Kölnern und Kölnerinnen ein digitales Identifikationsmerkmal im Internet schafft. „Wo mir sinn is Kölle“ – wenn rechts vom Punkt „koeln“ steht, bin ich auch im Internet in Köln, und das im globalen Kontext des Internet.
Zur Erreichung dieser Ziele sind nicht nur viele aktive Domains erforderlich. Insbesondere wird es der von den Domaininhabern gepflegte Content sein, der die Qualität des Namensraums definieren wird. Kölnbezug und thematische Relevanz seien hier nur zwei Stichworte. Unser Beitrag wird in der Bereitstellung der dafür notwendigen Infrastruktur bestehen, die den Ansprüchen der ICANN mindestens genügt und so die technologische Basis darstellt.
Mehr zu dem Thema kann ich gerne persönlich erläutern und ich verweise auch gerne auf http://www.dotkoeln.de und unsere Facebookseite „domain.koeln“.
Viele Grüße
Thomas Lenz
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