Dieser Text, wie er vor mir liegt, ist seid langem wieder einmal ein längerer zusammenhängender. Schwarz auf weiß steht der Text vor mir, klar wie gedruckt. Ich beginne zu lesen und der Autor hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Tales of Space and Time von H.G. Wells. Auf englisch natürlich, auch wenns bei Wells nicht so einfach ist. Aber Übung macht den Meister. Und davon bin ich noch sehr weit entfernt.
Also fange ich an zu lesen, und obwohl ich wirklich nicht alles verstehe, fängt die Geschichte an sich vor mir zu entfalten, und zwar wie folgt:
Wir betreten den Laden von Mr. Cave, seineszeichens Einzelhändler würde man sagen, der so allerlei anbietet, viel Antiquitäten, aber auch Frösche und andere Reptilien. Sofort habe ich einen dunklen und vollgestellten Verkaufsraum vor Augen. Und obwohl die Schaufenster groß sind, sieht man nur schlecht rein, denn sie sind mit allerlei vollgestellt.
Unteranderem mit einem Kristallei, das seine magische Anziehungskraft nicht nur auf potentielle Kundschaft ausübt, sondern auch auf Mr. Cave. Und seine Frau. Jene macht dem armen Mann ordentlich zu schaffen, denn sie ist eine Kratzbürste. Dennoch kann man sie für den weiteren Verlauf der Geschichte getrost in den Abstellraum sperren, denn Mr. Cave, gebannt durch das gläserne Objekt, lässt sich nicht abbringen.
Fassen wir auch gleich die weiteren familiären Verhältnisse so zusammen, das seine beiden Stiefkinder so sehr ihrer Mutter ähneln, zuweilen aufgrund ihres Alters oder ihrer körperlichen Entwicklung wegen aggressiver sind, dass sie Mr. Cave darin bestärken, sich noch weiter zurückzuziehen.
Mr. Cave also steht in seinem Laden und werkelt vor sich hin, als er in dem Kristallei etwas bemerkt, das wohl durch einen Lichtstrahl zur Erscheinung gebracht worden ist. Denn gegen Abend kommt etwas davon herein, wenn auch nur wenig. Bei näherem Betrachten meint Cave soetwas wie eine Landschaft zu entdecken, die seltsam strahlt, oder glüht, phosphereszierend.
Aber ich merke schon, dieser Text droht ebenso ausführlich zu werden wie der des Herrn Wells. Drum etwas frecher zusammengefasst: Cave vertraut sich aufgrund seiner Entdeckung einem Wissenschaftler an, der sogleich nähere und systematischere Untersuchungen anstellt. Schnell stellt sich heraus: Hier muss es sich um einen anderen Ort aber innerhalb des Sonnensystems handeln, denn die Sternkonstellationen sind dem Wissenschaftler wohl bekannt. Vermutet wird der Mars, und Lebewesen auf ihm muten recht abstrakt an, wobei sie wohl intelligent zu sein scheinen. Denn es gibt Gebäude und Strukturen und auch soetwas wie soziales Verhalten. Große Stangen ragen in den Himmel und die Bewohner des Planeten krakseln bisweilen an ihnen hinauf, oder fliegen mit ihren Schmetterlingsflügeln bis an die Spitze. Und zu diesen besonderen Momenten hat Cave und auch der Wissenschaftler das Gefühl, als würden sie selbst beobachtet.
Unterstützt wird dieses Gefühl durch eine wahrlich sonderbare Entdeckung. Es scheint, das einige der Lebensformen ein ähnliches Kristallei mit sich herumtragen, wie auch Cave eines besitzt. Und so gibt es dann zwei Theorien, worum es sich bei diesem Ei handeln könnte. Doch beide sind in sich selbst widersprüchlich, und in der Geschichte kommt es auch nicht zur Auflösung.
Viel schlimmer noch! Bald darauf verstirbt Mr. Cave und der Wissenschaftler, der eines Tages den Laden besuchen kommt und vom Todesfall erfährt, ist nicht in der Lage das Kristallei ausfindig zu machen. Denn die Ehefrau hat es wohl verkauft, und der Käufer hat es wiederum verkauft, an einen unbekannten Mann. Und so verliert sich die Spur und endet der erste Teil dieser Geschichte.
Während ich so lese, treten Momente ein, in denen ich weiter und weiter lese und es nicht abwarten kann, bis ich endlich weiter blättern darf. So gut ist die Geschichte, so packend und geschickt ist sie erzählt und formuliert. Und kennen Sie das Gefühl, wenn die Ränder ihres Textes verschwimmen und sie nur noch die Buchstaben sehen? Und wenn dann selbst die Buchstaben an ihnen vorbei fliegen und sie nur noch die Figuren und die Orte sehen und ihre Fantasie sie mitnimmt und einimmt in eine andere Welt? So ging es mir mit diesem Text.
Als ich am Ende angelangt war, sah ich auf und bemerkte, wie mein Kaffee kalt und das Licht sich verändert hatte. Eine Stunde oder länger war ich hier gesessen, was ich deutlich zu spüren bekam, denn mir schmerzte der Po vom unbequemen Stuhl auf dem ich saß.
Ich verließ das App, deaktivierte den Monitor und steckte mein Hero in die Tasche, um mich auf den Heimweg zu machen, denn es war schon halb fünf. Seltsamerweise konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, beobachtet zu werden.