Komme eben von der neuen WebvideoCon in der IHK Köln, die laut Veranstalter schnell ausverkauft (Tickets waren kostenlos) und die Warteliste lang gewesen sein soll (120). Alles in allem war das eine runde Geschichte, wenn der letzte Vortrag ähnlich verlaufen sollte, wie die davor. Denn bis zum Schluss konnte ich nicht bleiben. Trotzdem muss man sich die Veranstaltung mal genau anschauen. Und da fällt dem geschulten Eventanalysten etwas auf.
Ein bisschen amerikanisches Flair in Köln
Bei einer Marketingveranstaltung, zu der man Google und Satchi Satchi einlädt, sind die Vorträge und Impulse auch immer irgendwie Werbung für die Vortragenden selbst. Das merkte man natürlich beim sehr amerikanischen Vortrag der Googler. Wenn es aber darum geht, den Deutschen Mittelstand ins digitale Zeitalter zu bringen, geht es erst mal darum etwas Wind zu machen. DAS ist also möglich, wenn Inhalt und Form zusammen kommen und ein gut durchdachtes, exzellent produziertes und von Google gepushtes Video von Millionen gesehen wird. So bekamen wir also zurecht den Epic Split zu sehen. Ein Klassiker. Geht immer.
Aus der Event-Beschreibung:
„Sie lernen direkt von den kreativen Experten wie Sie erfolgreiches Video Marketing auch für Ihr Unternehmen einsetzen können.“
Da muss man jetzt aber leider sagen: Von den Unternehmen, die das nötig gehabt hätten, waren ziemlich wenig da. Es waren hauptsächlich Video- und Marketing-Profis da. Es ist zwar nett sich mit denen auszutauschen. Letztendlich hat es aber den Zweck der Veranstaltung, die innerhalb der Reihe der IHK „Digital Cologne“ statt findet, verfehlt. Es waren so gut wie keine mittelständischen Unternehmer da, oder Unternehmen, die sich da neu aufstellen wollten. Keine Marketing-Leute, die sich auf den aktuellen Stand bringen wollten. Und diejenigen, die da waren, kennen das alles schon. Die Vorträge waren für die viel zu oberflächlich und zu werblich.
In den Gesprächen, die ich führte, kam heraus: Wir haben unsere Kunden eingeladen, sie kommen aber nicht. Oder: Ich bin eine Mitarbeiterin vom Vortragenden. Oder: Wir sind ein großer Konzern und wir beauftragen schon regelmäßig eine Agentur, unsere PKs zu streamen und unsere Marketingagentur kümmert sich um den Rest. Den eigentlichen Zweck, die bislang unerreichten 70% des an der digitalen Transformation uninteressierten Mittelständler zu erreichen, geschweige denn den Rest der 30% interessierten, wurde verfehlt.
Ich hatte zu Beginn sogar noch die Hoffnung auf ein paar Kunden zu treffen. Es blieb dann aber bei einem Austausch unter Kollegen. Was nicht das Schlechteste ist!
Vielmehr kann man fest halten: Eine Fachkonferenz zum Thema Webvideomarketing könnte interessant sein. Wer sich also von den Veranstaltern veranlasst fühlt so etwas in NRW zu organisieren, könnte Erfolg haben, wenn er noch Platz für alle auf der Warteliste macht. Dann aber bitte nicht mit werblichen Vorträgen von Google und Co (Facebookvideos wurden überhaupt nicht angesprochen), sondern von Experten, die inhaltlich in die Tiefe gehen. Lediglich der Vortrag von Hendrik Unger ließ erahnen, was er so drauf hat. Mehr davon bitte!
Für mich hat sich die Veranstaltung gelohnt. Insbesondere, da sich ein paar Fragen stellen, die ich noch nicht beantworten kann, aber gerne teilen möchte:
- Für wen ist Webvideo-Marketing? Für den Maschinenbauer, der Teile nach China exportiert, kann ich mir das nämlich nicht so ganz vorstellen.
- Wie erreichen wir den Mittelstand und mit welchen Themen? was brauchen Sie eigentlich?
- Welche Rolle spielen Agenturen, die IHK, die Politik und was sind ihre Ziele?
Mehr Veranstaltungen zum Thema Webvideo und Marketing? Hier entlang!
Webseite: WebvideoCon 2015
Webseite: Digital Cologne
Twitter: #wvc15
PS An dieser Stelle ein dezenter Hinweis an die Veranstalter und den Host, dass das so mit dem WLAN nicht geht. Aber ich habe so im Gefühl, das die das eigentlich schon wissen 😉
Trefflich analysiert. Wir haben besonders im Mittelstand ein Problem mit den „alten“ Inhabern, die vor Neuem zurückschrecken. Sichtbar auch an der erschreckend niedrigen Investitionsbereitschaft. Das geht soweit, dass Unternehmer nur noch von der Substanz zehren. Altes Kapital – altes Denken. Siehe die neuen Zahlen des KfW-Mittelstandspanel und die dürftige Entwicklung bei Gründungen: http://ichsagmal.com/2015/03/24/online-bringt-uns-nichts-mehr-altere-unternehmer-leben-von-der-substanz-und-investieren-wenig/
Pingback: TubeID-Branchennews am 25.03.2015 | Broadmark
Pingback: Die digitale und innovative Spaltung: Alten Unternehmern fehlt die Netz-Erlebniswelt – Netzökonomie-Campus will das ändern | www.ne-na.de
Hi Thomas, danke für den Bericht und das Feedback. Stimme Dir in vielen Punkten zu: Da geht noch mehr! Da es unsere erste Veranstaltung war hilft es uns extrem weiter, so konstruktive Rückmeldungen zu erhalten, damit die Folgeveranstaltung noch mehr rockt. Also – Thanks und feines WE – Chris
Gute Zusammenfassung! Habe leider selber erst jetzt davon erfahren, aber so immerhin einen guten Eindruck bekommen. Mit dem Zielgruppen-Problem haben ja einige dieser Events zu kämpfen. Bei der IHK hätte ich mir aber genau da mehr Potential erhofft. Bleibt also die Frage: Wie erreicht man diese 70%?
Hoffe dennoch es gibt ein nächstes mal.
Cheers, Daniel