Bei der Lektüre dieses Artikels von Benjamin Stöcker, hat sich als Kommentar ein ganz guter Gedanke entwickelt, den ich hier ein wenig mehr ausführen möchte.
Während ich den Kommentar zum Artikel schrieb, war die Debatte schon am laufen und es wurden bestimmte Dinge richtig gestellt und modifiziert, die dann wiederum Einfluss auf diesen Gedanken genommen haben. Kurz: Ich stimme fast mit mspr0 überein, setze aber seine Utopie in einen anderen Blumentopf um.
Gerne würde ich der Debatte um Privacy, Privatheit, Privatsphäre einen weiteren Schwerpunkt hinzufügen, der mir auch in anderen Debatten fehlt und der, wie ich finde, sehr viel stärker in unserem modernen Denken Einzug halten sollte.
Es geht mir um den Modus der „Möglichkeit“.
Dieser Modus ist meines Erachtens extrem hilfreich, darüber ins Klare zu kommen, wie Freiheit und Privatsphäre in Beziehung zueinander sind. Es geht mir darum, stets die Möglichkeit zu haben, zu entscheiden, was mit meinen Daten geschieht. „Deine Gedanken sind frei aber deine Daten gehören uns“, sollte unbedingt vermieden werden.
Folgendes Gedankenexperiment: Daten, die auf mich selbst verweisen und durch die ich identifiziert werden kann, sollten innerhalb meines Einflusskreises liegen, das heisst, ich sollte bestimmen können, was damit geschieht. Daten, die zwar von mir kommen aber im nachhinein nicht mehr auf mich zurückzuführen sind, sollten zum Gemeingut werden.
Damit gehen wir einen Schritt in mspr0s Utopie, ohne die Realität auszugrenzen sondern einzuschließen. Ideal: Alle Daten sind frei verfügbar versus Realität: Menschen wollen sich nicht im Datenbrei verlieren, Privatheit behalten, Privatsphäre haben, etc.
Hier muss ich einschieben, das mspr0 ja nicht sagt: Alle private Daten sollten offengelegt werden. Er behauptet statt dessen, dass die Gründe, das Daten zur Privatsphäre gezählt werden, wegfallen. Dem stimme ich zu, stelle aber die Gegenfrage, warum das so ist. Weil wir uns daran gewöhnen, das unsere Daten schon recht oft (ungewollt oder aus versehen) an der Öffentlichkeit sind, oder weil wir uns bewusst dafür entschieden haben?
Ein weiterer Gedanke bringt vielleicht ein wenig mehr licht ins Dunkel, warum ich es für sinnvoll und konstruktiv halte, den Modus der Möglichkeit als Recht ins Spiel zu bringen: Ich bin nicht ein Wust aus Daten, sondern ein Knäuel aus Bedeutsamkeiten, mit denen respektvoll, menschenwürdig sozusagen, umgegangen werden muss. Die Daten, die man zur Privatsphäre zählen würde, sind Daten persönlicher Bedeutsamkeit, die innerhalb des Kreises gehören, durch die ich in ihrem Zusammenspiel identifizierbar bin. Das sind Privatinformationen. Daten, die außerhalb der persönlichen Bedeutsamkeit liegen, sind persönlich nicht relevant, aber öffentlich interessant, und deswegen Allgemeingut.
Auch nur solche Daten sollten frei zur monetären Verwendung stehen. Damit wäre die ökonomische Ausbeute durch Monetarisierung meiner Privatsphäre ausgeschlossen (außer ich will es, aber ich habe wenigstens die Wahl).
Das schließt nicht aus, das ich dennoch mich dazu entscheiden kann Privatinformationen öffentlich zu machen. Es muss mir nur klar sein, dass ich sie eventuelle nicht mehr zurücknehmen kann. Um das zu steuern ist Medienkompetenz das richtige Werkzeug. Und: Ich selbst kann entscheiden was privat ist und was nicht, was ich für absolut notwendig halte. Was ich bin entscheide ich selbst – in Gedanken. Das muss frei sein und deshalb entscheide ich welche Daten privat sind und welche nicht, oder welche private Daten ich öffentlich mache. Das fordert den Bürger auf, sich zu entscheiden, sich zu bilden, Kompetenzen zu erwerben, und das ist ein Schritt zur Mündigkeit des Bürgers, und schließlich zu einer besseren Demokratie.
Soweit meine schnellen Gedanken zur Debatte.
Gormulus: Opa Hubert