In der Corona-Quarantäne müssen sich aktuell so viele Menschen mit den Themen Remote Work und New Work beschäftigen, wie noch nie zuvor. Digitalisierungsexperten glaskugeln, dass jetzt plötzlich alles ganz schnell geht mit dieser Transformation. Coworkingspace-Betreiber hoffen, dass die Welt nach Corona viel offener ist für alternative Arbeitsweisen. Und damit auch für ihre Spaces. Doch noch befinden wir uns in Quarantäne und die Spaces sind leer.
Auch ich sitze bei Kurzarbeit im Homeoffice, was mir Zeit verschafft, mich erneut dem Thema Coworking anzunehmen. Die NRW-Coworking-Map ist bereits aktualisiert, über 30 Anfragen an Space-Betreiber verschickt.
Einer der ersten Spaces, die geantwortet haben, ist Unicorn Workspaces. Der Anbieter mit dem Einhorn ist mittlerweile mit 21 Spaces in sechs Städten vertreten, allein neun in Berlin. Neuerdings aber auch in Köln, wo ich sie letztes Jahr als Sponsor des Digitale Leute Summits kennenlernen durfte (Disclaimer: Ich gehöre zum Digitale Leute Team). Anfang diesen Jahres besuchte ich die neuste Filiale in Köln, die noch recht verweist aussah. Das mag auch am Wasserschaden gelegen haben, der den Betreiber dazu zwang, den kompletten Boden auszuwechseln. Ich will wissen: Wie steht es um den deutschen Coworking-Space-Anbieter in der Corona-Krise und im Speziellen um den Kölner Space? Dazu habe ich mit Benjamin Nick gesprochen.
Über Benjamin Nick
Das Interview
Droid Boy: Hallo Herr Nick, wie macht sich die Corona-Krise in ihren Spaces bemerkbar?
Benjamin Nick: Zunächst einmal kam die Corona-Krise sowohl für uns als auch für unsere Nutzer*innen relativ überraschend. Dennoch waren wir bereits Ende Januar, Anfang Februar, also beim ersten Auftreten der Erkrankung in Deutschland, schnell und gut auf die Situation eingestellt, sodass wir die Empfehlungen vom Robert-Koch-Institut direkt umsetzen konnten. Im Klartext bedeutete das: Wir haben Desinfektionspläne erstellt und unseren Nutzer*innen in den Workspaces von Beginn an Hygienemaßnahmen empfohlen. Viele unserer Kund*innen halten sich aktuell an die Empfehlungen der Bundesregierung und arbeiten aus dem Homeoffice. Daher sind unsere Standorte deutlich leerer geworden. Einige nutzen unser Angebot weiter – auch weil sie sich bei uns sicher fühlen können und durch die großzügigen Räume den Abstand zueinander einhalten können.
Droid Boy: Haben sie denn geöffnet und wenn ja unter welchen Bedingungen?
Benjamin Nick: Alle unsere Unicorn Workspaces bleiben für unsere Nutzer*innen geöffnet. Durch unsere App haben diese ja auch in der Regel 24 Stunden am Tag Zutritt. Aufgrund der Vorgaben mussten wir aber unseren Service einschränken und zum Beispiel unsere Community-Areas schließen. In den Cafés der Workspaces müssen Nutzer*innen einen Mindestabstand von 1,50 Meter einhalten. Wir empfehlen das Einhalten von Hygienemaßnahmen und haben Anleitungen zum Händewaschen ausgehangen. Oberflächen werden häufig desinfiziert. Auf besondere Wünsche reagieren wir mit Lösungen, die der Situation angepasst sind. So machen wir unseren Nutzer*innen das Arbeiten aus allen Workspaces einer Stadt zugänglich, um lange Fahrtzeiten zu vermeiden. Oder wir liefern Bürotische und -stühle zu unseren Kund*innen nach Hause. Für Neukund*innen bieten wir Preisreduktionen an – so können wir 50% Rabatt auf die ersten zwei Monate gewähren, solange das Robert-Koch-Institut die Gefahrenstufe auf “hoch” gesetzt hat. Kunden können in dieser Zeit auch einen Wochenpass buchen, wenn ihnen Zuhause die Decke auf den Kopf fällt.
Wir liefern Bürotische und -stühle zu unseren Kund*innen nach Hause.
Droid Boy: Gab es aufgrund des Shutdowns Kündigungen?
Benjamin Nick: Natürlich gibt es auch bei uns Kund*innen, die ihre Verträge aufgrund der Krise leider kündigen mussten. Aber wir sind eben im flexiblen Büromarkt und Kündigungen gehören dazu, damit müssen wir leben. Genau unsere Flexibilität mit Laufzeiten ab einem Monat, inklusive Vollausstattung und Barista-Service macht uns aber auch jetzt attraktiv für Unternehmen, die mit Blick auf die unklare Wirtschaftslage keine langzeitigen Verpflichtungen eingehen wollen. Daher unterschreiben auch jetzt neue Kund*innen Nutzungsverträge für unsere Workspaces.
Droid Boy: Wie wichtig sind Events in Ihrem Geschäftsmodell?
Benjamin Nick:Dass wir aktuell nicht als Gastgeber für Events agieren können ist natürlich schade, aber das Richtige, um die Verbreitung der Virusinfektion möglichst schnell und effektiv einzudämmen. Für uns steht alles im Zeichen von “Flatten the Curve”. Wir rechnen im Event-Bereich auch mit einer längeren Durststrecke, auch nach der stufenweisen Lockerung der aktuellen Maßnahmen. Viele denken aber schon jetzt an eine Zeit nach der Krise und wir verzeichnen Buchungen unserer Eventflächen, allerdings erst nach den Sommermonaten.
Droid Boy: Wie lange halten Sie das wirtschaftlich noch durch?
Benjamin Nick: Wir haben intern schnell auf die veränderte Wirtschaftslage reagiert, laufende Projekte zum Teil pausiert und leider auch Kurzarbeit einführen müssen. Diese Maßnahmen helfen uns dabei, dass wir einen längeren Shutdown durchstehen werden. Wir rechnen aktuell mit drei bis sechs Monaten Einschränkungen und Corona-bedingter Reduktion unseres Gesamtumsatzes. Wir glauben aber auch fest daran, dass flexible Arbeitsmodelle, New Work und Unicorn Workspaces in solchen Zeiten genau das richtige Werkzeug liefern, damit Unternehmen schnell wieder durchstarten können. Dank unseres Service können sie sich auf ihre Arbeit fokussieren und die Probleme, die ein eigenes Büro mit sich bringt, hinter sich lassen.
Droid Boy: Haben sie Hilfe von Staat, Land oder Stadt beantragt und eventuell bereits erhalten?
Benjamin Nick: Aktuell haben wir noch keine Hilfe vom Staat erhalten. Wir sind in Gesprächen mit unseren Shareholdern und auch Landesbanken, aber hier gibt es bis Dato keine konkreten Anträge von unserer Seite. Wir haben uns aber frühzeitig darauf geeinigt, dass Kurzarbeit für uns ein gutes Mittel ist, der Krise zu begegnen und haben diese nun im April unternehmensweit eingeführt. Was uns sehr freut ist, dass alle unsere Mitarbeiter*innen weiterhin alles geben um unseren Kund*innen den gleichen Service und das bestmögliche Erlebnis unter den gegebenen Umständen zu liefern.
Droid Boy: Zum Ende des Jahres 2019 hat in Köln-Ehrenfeld ihr neuster Space eröffnet. Wie ist der aktuelle Stand des Kölner Spaces?
Benjamin Nick: Leider gab es Anfang des Jahres einen Wasserschaden, der bei Bauarbeiten verursacht wurde. Dadurch mussten wir die erste Etage schließen, wo nun alle Gewerke mit Hochdruck daran arbeiten, die Fläche möglichst schnell wieder vollkommen herzurichten. Wir rechnen damit, dass wir diese Etage in den nächsten Wochen wieder öffnen können. In der zweiten Etage geht alles seinen gewohnten Gang und wir haben geöffnet. Wir sind froh, dass eine große Deutsche Versicherung nun im April auch zu den ersten Kund*innen gehört, die zu uns in die Venloer Straße ziehen wird.
Droid Boy: Vielen Dank für das Interview.
Dieses Interview wurde per Mail geführt und am 9. April 2020 beantwortet.
Soweit nicht anders angegeben gilt für alle Fotos: © Unicorn Workspaces
Weiterführende Links
Webseite: Unicorn Workspaces
Übersicht: Coworking in NRW
Spotify Podcast: „Who put the Co in Corona?“ feat. Sascha Wechsung & Kristin Eichmann (St. Oberholz)
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